Story
Vom Schweizer F/A-18 Solodisplay ins Cockpit der Flying Bulls T-28B
Als Nicolas Rossier das erste Mal solo im Cockpit eines Segelfliegers saß, wusste er, dass er genau das ein Leben lang machen möchte. Als Kind war die Fliegerei Faszination, ein Teil des familiären Lebens und mit seinem Bruder teilte er das Hobby Modellflug. Doch dann, er war gerade 15 Jahre alt, packte ihn der Virus mit voller Wucht. Was danach kam war eine Fliegerlaufbahn, die ihresgleichen sucht und die noch lange nicht zu Ende ist. Die PPL, die Selektion für die Schweizer Luftwaffe auf der PC-7, die Ausbildung zum Linienpiloten bei SWISS, die F-5 Tiger und die F/A-18 Hornet waren nur einige der Stationen, die ihn schließlich ins Cockpit der T-28B und in die Reihen der Flying Bulls kommen ließen. Als (Solo-) Displaypilot auf der Hornet ist er kein Unbekannter auf den europäischen Airshows und wird die Leute nun auch als Pilot bei den Flying Bulls mit seiner präzisen Art zu fliegen und seiner Leidenschaft begeistern.
Interview
Nico, wolltest du schon immer Pilot werden? Lebst du deinen Traum?
NR: Mein Vater war schon Berufspilot und mein älterer Bruder ist ein begeisterter Segelflieger. Wir haben viel Zeit auf dem Flugplatz verbracht, als ich ein Kind war. Flugzeuge waren immer ein Bestandteil meiner Familie. Mit etwa 12 habe ich mit dem Modellflug angefangen, dann mit dem Segelflug. Ich würde sagen, der Traum Berufspilot zu werden, ist erst nach meinem ersten Soloflug gekommen. Der war an der Winde und ich kann mich erinnern, dass ich vor lauter Glück gesungen habe.
Du bist als Displaypilot der Schweizer Luftwaffe auf der F/A-18 auf vielen Airshows zu sehen gewesen. Was waren die Stationen, die du am Weg dorthin absolviert hast?
NR: Nach der fliegerischen Vorschulung bei der Armee kam die PPL und die Selektion der Luftwaffe auf der PC-7. Bevor ich aber wirklich bei der Armee zu fliegen begonnen habe, habe ich die Ausbildung als Linienpilot bei SWISS Aviation Training abgeschlossen. Danach kam erneut die PC-7, dann die F-5 Tiger und schließlich die F/A-18. Danach war ich für drei Jahre Austauschpilot bei der französischen Luftwaffe im Cockpit der Mirage 2000-5. Zurück in der Schweiz, durfte ich Displaypilot auf der F/A-18 werden, was mich unter anderem 2019 auf die AirPower brachte. Im Dezember 2023 habe ich meinen letzten F/A-18 Flug gemacht. Parallel bin ich immer privat geflogen, war Fluglehrer und bin Oldtimer wie die Bücker Jungmann, die Pilatus P-2, die T-6, die Beech 18 und die P-51 Mustang geflogen. Und seit letztem Herbst darf ich für die Flying Bulls fliegen. Unglaublich!
Was sind für dich die Eigenschaften, die ein guter Pilot mitbringen muss?
NR: Ein guter Pilot bringt eine Mischung verschiedener Qualitäten mit: Erfahrung, Voraussicht und die Fähigkeit, Risiken stets abzuwägen. Ein altes Sprichwort sagt: „Es gibt keine guten Piloten, es gibt nur alte Piloten.“ Ein guter Pilot ist einer, der am nächsten Tag wieder fliegen kann. Jemand, der gut antizipieren und Situation gut einschätzen kann und der die Probleme früh genug sieht, sodass er sie entschärfen kann. Jemand, der die Mission ohne unnötige Risiken erfüllt. Gutes technisches und aerodynamisches Verständnis wird natürlich vorausgesetzt.
Gibt es eine Routine, die du vor jedem Flug durchläufst. Egal in welches Flugzeug du steigst?
NR: Die verschiedenen Phasen des Flugs gehe ich im Kopf mental durch, somit bin ich gedanklich schon am Fliegen. Das erlaubt mir, viele mögliche Herausforderungen zu erkennen und mir einen Plan zurechtzulegen. Vielleicht nicht für alles, aber viele Möglichkeiten spielt man da bereits durch. Das ist wie bei einem Sportler kurz vor einem Wettkampf. Und wenn tatsächlich etwas davon zutrifft, ist man nicht überrascht und kann viel schneller reagieren.
Wie fühlt es sich an die T-28 im Vergleich zur F/A-18 zu fliegen?
NR: Beide sind völlig unterschiedlich und doch sehr ähnlich. Beide sind für Militärpiloten der US-Navy gebaut worden, dadurch ergibt sich eine gewisse Philosophie im Cockpit und im Aufbau des Flugzeugs. Auch wenn ein paar Jahrzehnte dazwischen liegen. Die F/A-18 ist ein hochmotorisiertes Flugzeug. Sie hat über 60.000 PS und einen komplexen Bordcomputer, der dem Piloten vieles abnimmt. Der Pilot gibt die fliegerischen Befehle, aber der Computer steuert die Flächen. In der T-28 macht man alles von Hand. Kein Computer, kein Bildschirm. Man muss sehr gut aufpassen, dass man das Flugzeug nicht überlastet und immer ein Auge auf die Motorinstrumente haben, weil man den Motor sonst kaputt machen kann, ohne dass man es merkt. Die Leistung der F/A-18 erlaubt einem unglaublich viel in der dritten Dimension. Man kann senkrecht steigen bis weit oben. In der T-28 ist die Energie in der dritten Dimension limitiert, dafür fühlt man das Flugzeug viel intensiver.
Was macht für dich die Flying Bulls aus?
NR: Ich glaube, es ist die Zusammensetzung von so vielen Spezialistinnen und Spezialisten, die alle die gleiche Leidenschaft haben für Flugzeuge aus längst vergangenen Tagen. Mechaniker, Techniker, Piloten - alle haben den Ansporn, diese Flugzeuge in perfektem Zustand zu halten und sie den Menschen zu zeigen. Außerdem ist die Sammlung unglaublich groß, das Niveau der Piloten ist ebenso hoch. Die Technikerinnen und Techniker sind hochspezialisiert und dürfen sogar Ersatzteile produzieren und zertifizieren.
Was steht denn noch auf deiner fliegerischen Bucket-List?
NR: Mit dem heutigen Stand (September 2024) bin ich 38 verschiedene Typen und Muster geflogen. Das ist viel, aber noch lange nicht genug. Also stehen auf dieser Liste all jene Muster, die ich noch nicht geflogen bin. Allein bei den Flying Bulls würde ich jedes Flugzeug gerne fliegen. Als ich ein Kind war, so mit zehn, elf Jahren, hatte ich auf meinem Kinderzimmerwand ein Poster von einer Corsair mit einem großen Red Bull Logo auf dem Rumpf. Diese Corsair steht hier im Hangar. Die Mustang finde ich ein unglaublich schönes Flugzeug. Die Lightning ist einzigartig, aber auch sehr herausfordernd. Die Jagdflugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg stehen also ganz oben auf dieser Liste.
Mein ersten Soloflug war an der Winde und ich kann mich erinnern, dass ich vor lauter Glück gesungen habe.