Story
Eine unerwartete Reise – so kann man Eric Goujon‘ s fliegerisches Leben wohl am besten beschreiben. Als eine, die ihm Möglichkeiten gab, die er sich nie hätte vorstellen können. „Man muss nur bereit sein, Ja zu sagen, und die Türen, die sich öffnen, auch wirklich durchschreiten.“
Nach dieser Philosophie lebt der Franzose, der seit 2013 in den Reihen der Flying Bulls fliegt. So wie damals, als er als junger Elektrotechniker die Chance bekam, als Jetpilot die Mirage bei der französischen Luftwaffe zu fliegen. Ein 180 Grad Turn in der Lebensplanung und ein Abenteuer, das ihn nach Afrika, Saudi-Arabien, London und schließlich in den Hangar-8 führen sollte. Hier fliegt er die Corsair und begeistert die Menschen auf zahlreichen Airshows mit seiner präzisen und gleichzeitig spektakulären Art, solo und in der Formation zu fliegen.
Interview
War Fliegen für dich ein Traum bzw. wie bist du dazu gekommen?
EG: Ich war von 1979 bis 1982 Student an der Universität für Elektrotechnik, und hatte nur einen sehr begrenzten Blick auf die Welt und die Möglichkeiten, die sich in ihr boten. Mein Leben war vorgezeichnet. Zwischen Studium und Antreten meiner fix-zugesagten Arbeitsstelle musste ich zum Militär. Die Frage, ob ich Lust hätte, Jetpilot in der Luftwaffe zu werden, hat von einer Sekunde auf die andere alles auf den Kopf gestellt. Als ich an diesem Abend schlafen ging, war mir klar, dass das mein Weg sein würde. Unglaublich, wie schnell sich alles ändern kann.
Wenn du ganz zum Anfang zurückdenkst, kannst du dich noch gut an deinen ersten Soloflug erinnern?
EG: Natürlich! Das war in meiner fliegerischen Grundausbildung bei der französischen Luftwaffe. Ich erinnere mich genau daran, weil wir in Eile waren und plötzlich das Wetter schlecht wurde. Ich wurde in einen Notfallzeitplan gedrängt, anstatt diesen Moment schätzen zu können. Also bin ich gestartet und ein klassisches VFR-Pattern geflogen, und vielleicht sechs Minuten später war ich wieder auf dem Boden. Kurz bevor ein Gewitter über uns hereinbrach, trotzdem bin ich immer noch stolz darauf.
Wie ging es nach dem Soloflug fliegerisch weiter?
EG: Mit 16 wunderbaren Jahren bei der Luftwaffe. Zuerst auf der Mirage F1, danach auf der Mirage 2000 und anschließend war ich Ausbildner am Alpha Jet. Mit 38 musste ich dann altersbedingt aus dem Militär ausscheiden. Ein Schlag ins Gesicht, von einem Tag auf den anderen hing ich in der Luft. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass dir das Leben immer wieder Möglichkeiten bietet, man muss sie nur ergreifen. Für mich lag diese Möglichkeit in der Pilatus Porter PC-6 für einen Fallschirmspringerverein. 25 Flüge pro Tag, so gewinnt man unendlich viel Erfahrung. Nach zwei Jahren bekam ich das Angebot, die Porter zuerst in Libyen und dann in Algerien zu fliegen und ich sagte wieder ja. Danach ging es für mich auf die Twin-Otter und nach Saudi-Arabien und schließlich auf einen Learjet in London. Ein großartiges Flugzeug, wie die Mirage, nur mit Passagieren und Kaffeeküche.
Seit 2013 bist du fixer Bestandteil der Airshow Crew im Hangar-8. Was macht deiner Meinung nach die Flying Bulls aus?
EG: Es sind nicht nur die einzigartigen Flugzeuge und wie sie zusammen fliegen. Es sind hauptsächlich die Menschen, in der Luft und am Boden gleichermaßen. Die Flying Bulls bieten eine Umgebung, in der jeder technisch, menschlich und fliegerisch über sich hinauswächst. Hier zu fliegen und Teil dieser großen Vision zu sein, ist ein großes Geschenk und man spürt, dass das jeder hier so sieht.
Man sieht dich oft in der engen Warbird-Formation, du mit der Corsair und Raimund Riedmann in der Lightning. Wie funktioniert ihr gemeinsam?
EG: So in einer Formation zu fliegen kann man nicht mit jedem machen, denn du musst dem anderen vertrauen. Wissen, was du kannst und was der andere kann. Und vor allem musst du wissen, was der andere tun wird und was er niemals tun würde. Der Leader muss ein Manöver so entschärfen, dass er sicher ist, dass der am Flügel mitkommt und sein Flugzeug nicht außerhalb der Leistungsgrenzen steuern muss. Wie man das lernt? Natürlich durch gemeinsames Fliegen, aber man muss mindestens so viel Zeit in der Kaffeeküche verbringen und reden. Außerdem muss man der Formation Zeit geben. Das erste Mal war mit dem, was wir heute machen, überhaupt nicht zu vergleichen. Raimund weiß mittlerweile viele Dinge über mich, ich weiß viele Dinge über ihn. Jedoch fliegen wir die Flugzeuge im Solo komplett anders, als wenn wir gemeinsam in der Luft sind.
Wenn du in der Formation auf Airshows fliegst, denkst du dabei an die Zuschauer?
EG: Ständig, aber das muss ich erklären. Wenn ich mit Raimund fliege, dann verändere ich ständig meine Position an seinem Flügel. Nicht, weil ich die Position nicht halten kann, sondern weil ich an den Blickwinkel denke, mit dem man uns vom Boden aus am besten und spektakulärsten sieht. Ich schaue mir immer noch wahnsinnig gerne die Displays auf Airshows an. Manche sind toll, und manche sind fantastisch. Ich glaube, dass genau das den Unterschied macht. Dass man das Publikum spürt und für die Leute am Boden fliegt.
Nach all den Jahren und all den unterschiedlichen Flugzeugen. Hast du eine Routine, die du vor jedem Flug durchgehst?
EG: Vor jedem Flug nehme ich mir einen Augenblick und denke daran, was ich tun muss. Und noch viel wichtiger: was ich nicht tun darf. Viele Leute denken, die Luftfahrt wäre das Land der unbegrenzten Freiheit, genau das Gegenteil ist der Fall. Sie erfordert ein großes Maß an Disziplin und man muss zu jeder Zeit wissen was möglich und was nicht möglich ist. Und nachdem diese Disziplin mit steigender Erfahrung zunehmend zerbrechlich wird, muss man ständig daran arbeiten.
Welche Eigenschaften muss ein guter Pilot mitbringen?
EG: Die Frage ist, was ist ein guter Pilot? Aus der Sicht eines Ingenieurs ist er jemand, der das Flugzeug ohne Schäden bedienen kann. Aus verwaltungstechnischer Sicht jemand, der alle seine Papiere zusammen hat und sich an Regeln hält. Für andere Piloten zählt, dass er sicher unterwegs ist. Für die Company ist zusätzlich auch noch die Pünktlichkeit wichtig, und das Publikum auf Airshows erwartet sich, ins Staunen versetzt zu werden. Für mich ist ein guter Pilot jemand, der all diese Aspekte versteht und vereint. Ein Brückenbauer!
Bei den Flying Bulls wächst jeder über sich hinaus.