Story
Rainer Rilke war Pilot bei der Bundeswehr und auch beim Film. In die Geschichte wird der Deutsche aber sicherlich als einer der wenigen Pioniere im Hubschrauber Kunstflug eingehen.
Er ist schon Rollen und Loopings geflogen, als man das noch gar nicht so nennen durfte und hat die Initialzündung für diese Art des Fliegens bei den Flying Bulls gegeben. Mit der BO 105 hat er Menschen auf der ganzen Welt die Augen geöffnet, wozu Hubschrauber in der Lage sein können. Und auch wenn Rainer heute nicht mehr auf Airshows zu sehen ist, hat er sein Können als Lehrer und Mentor an alle aktuellen Kunstflugpiloten in den Reihen der Flying Bulls weitergegeben.
Interview
Rainer, du giltst als Pioniere im Hubschrauber Kunstflug. Wie unterscheidet sich dieser vom normalen Hubschrauberfliegen?
RW: Im Grunde genommen muss man alles über Bord schmeißen, was man bis dahin über das Fliegen gelernt hat. Ein Hubschrauber ist sehr sensibel in seine Steuerung. Viel sensibler als ein Flächenflugzeug. Ich vergleiche das immer mit einer Halbschale mit einer Kugel drinnen. Wenn man die Schale bewegt, bleibt die Kugel zentriert - das ist das Flächenflugzeug. Beim Hubschrauber dreht man die Schale um und versucht die Kugel oben zu balancieren. Also steuert man den Hubschrauber ganz sanft und mit kleinen Bewegungen – nicht so beim Kunstflug. Da macht man plötzlich große Bewegungen bis an die Anschläge. Diese müssen allerdings sehr sanft getätigt werden, sonst hat man ruck zuck eine Belastungsgrenze überschritten. Völlig konträr zur normalen Art zu fliegen.
Wie kamst du zur Fliegerei?
RW: Nachdem ich als Sechsjähriger kurz in einer H-34 mitfliegen durfte, war ich angefixt und das Fliegen mein Traum. In der damaligen Zeit erschien mir dieser Traum allerdings als zu groß. Also hat sich mein Interesse auf Motorsport verlagert. Abitur, dann Studium in diesem Bereich, so der Plan. Und plötzlich kommt die Bundeswehr und meint, ich müsse jetzt 18 Monate meinen Dienst ableisten. Als Panzergrenadier. Nie im Leben konnte ich mir das vorstellen, also habe ich mich zu den Fliegern auf der Alouette II gemeldet. Und so ging’s los. 1973 hat die Bundeswehr eine Panzerabwehr-Hubschrauber-Staffel mit zehn BO 105 aufgestellt. Mit erfahrenen Piloten am Steuer und jeweils einem jungen Flieger als Navigator, einer davon war zwangsweise ich. Im Nachhinein die lehrreichste Zeit, denn für diese Einheit gab es keine Grenzen, man durfte alles ausprobieren. In einer Art, wie es heute undenkbar ist. Seit damals kam ich nie mehr von der BO 105 weg.
Habt ihr dort bereits Kunstflug betrieben?
RW: Mir haben solche Dinge schon immer besonders großen Spaß gemacht. Ich bin auf jedem Schützenfest mit den wildesten Achterbahnen gefahren. Als einer der beiden Piloten der Bundeswehr, die bereits leichten Kunstflug betrieben, ausgeschieden war, habe ich mich um seine Nachfolge beworben. Es gab zwar einen Lehrgang, aber nachdem ich mir das meiste durch Training selber beigebracht habe, sehe ich mich als Autodidakt.
Wie kamst du dann mit den Flying Bulls in Berührung?
RW: Es war 2005, als ich einen Anruf von einem gewissen Siegfried Schwarz bekam. Damals war ich gerade Stuntpilot beim Film. Blacky erzählte mir, dass Red Bull gerne ein Projekt mit Hubschrauberkunstflug in den USA machen möchte und ob ich Interesse hätte, dabei zu sein. Zwei Wochen später war ich dann in Los Angeles und wir haben losgelegt. Zuerst sollten zwei Hubschrauber für die USA gekauft werden, dann kamen aber auch zwei für die Flying Bulls dazu. Seitdem ist meine fliegerische Heimat Salzburg. Von hier aus bin ich nicht nur unzählige Airshows und Events geflogen, sondern habe auch all die Piloten, die heute Kunstflug betreiben, ausgebildet. Blacky, Mirko Flaim, Aaron Fitzgerald und auch Felix Baumgartner.
Gibt es Routinen, die du vor jedem Flug machst?
RW: Oh ja, die gibt es schon. Die normale Vorflugkontrolle ist klar. Meine zusätzliche Kontrolle war, wirklich sicherzustellen, dass sich im Hubschrauber keinerlei lose Objekte befinden. Ich habe einmal erlebt, dass ich während einer Show plötzlich einen Feuerlöscher zwischen den Füßen hatte, das war nicht so schön, mitten in meinem Display in Oshkosh. Und vor jeder Vorführung bin ich das Programm noch einmal in Gedanken durchgegangen. Das schwierige bei den Manövern ist die Orientierung im Raum. Da habe ich mir vorher wichtige Punkte wie Berge oder eine Kirche gesucht.
Du hast gesagt, Pilot zu sein, war der große Traum. Hat sich dieser Traum für dich so erfüllt, wie du es dir erhofft hast?
RW: Im Leben geht man einen Weg und immer wieder kommt man an Abzweigungen. Ich weiß nicht warum, aber ich habe für mich immer den richtigen Weg eingeschlagen. Auch wenn sich das zu Beginn oft nicht so anfühlt - ein großartiges Leben.
Die Fliegerei war mein Kindheitstraum, auch wenn mir dieses Ziel zeitweilig zu groß erschien.